Straußenwissen

 

Der Strauß (Struthio Camelus, Afrika) gehört zu der Familie der Laufvögel, ebenso wie Nandu (Südamerika), Kiwi (Neuseeland), Emu und Kasuar (Australien). Die im erwachsenen Alter leicht auseinanderzuhaltenden Geschlechter werden in Hahn und Henne unterschieden: Der Hahn hat schwarzes Gefieder mit weiß abgesetzten Federn an den Flügeln, die Henne hat ein grau-braunes Federkleid am ganzen Körper. Hähne werden bis zu 2,80 m groß und ca. 140 kg schwer, Hennen sind in der Regel etwas kleiner.

Seine Bezeichnung „Strauß“ bzw. „Struthio Camelus“ stammt aus dem Altgriechischen. „Struthion“ bedeutet „Großer Spatz“, „Struthio Camelus“ bezeichnet diesen großen Vogel als „Kamelspatz“, wahrscheinlich auf Grund der Farbe der Hennen.

Unser Hahn HardyUnsere Henne Hilda

Der Strauß ernährt sich von Pflanzen, Früchten und Insekten. In seinem ca. 14 m langen Darm vermag er eine Nahrungsmenge von bis zu 1,3 kg aufzunehmen. Um die Verdauung zu unterstützen und den Mageninhalt zu zermalmen, nimmt er auch kleine Steine auf, die er einfach schluckt. Strauße haben einen ausgeprägten Pickinstinkt und neigen dazu, auch Fremdkörper zu fressen – die Verletzungsgefahr der Tiere im Hals- und Schlundbereich ist dadurch hoch und kann auch auf Farmen nur dadurch vermieden werden, dass sich keine Fremdkörper in den Gehegen befinden. 

Der Strauß kann nicht fliegen, aber mit seinen langen, außerordentlich kräftigen Beinen entwickelt er eine Schrittlänge von bis zu 3,5 Metern und kann so mühelos eine viertel Stunde mit 50 km/h rennen – wenn er muss, beschleunigt er auf bis zu 70 km/h und schlägt auch bei dieser Geschwindigkeit noch scharfe Haken, die es seinen Verfolgern nahezu unmöglich machen, ihn einzuholen.

Neueste Forschungen, durchgeführt von Frau Dr. Nina Schaller, konzentrierten sich auf eben diese einzigartigen Beine. Beim Strauß ist die Muskelmasse weit mehr als bei vergleichbaren Arten um die Hüftgelenke angelegt. Die Beine hingegen sind am leichtesten und am längsten. Und obwohl er als der größte und schwerste Vogel bekannt ist, hat er als einziger Laufvogel an jedem Fuß nur zwei Zehen. Studien ergaben nun, dass es vor allem die kleine Zehe ist, die dem Strauß zu einem stabilen Stand verhilft. Es ist also nicht davon auszugehen, dass diese kleine Zehe noch weiter zurück gebildet wird, da dies die Statik des Laufvogels als Zweibeiner nicht erlauben würde. So zeigte sich auch, dass die große Kralle an der Hauptzehe das schnelle Rennen erst ermöglicht: Wie ein Spike bohrt sie sich mit zunehmender Geschwindigkeit in den Untergrund und sorgt so für Bodenhaftung.

Zusätzlich machen ihn diese Beine sehr wehrhaft: Er verteidigt sich und seine Brut energisch mit gezielten Fußtritten, die auch Löwen (als natürliche Feinde in freier Wildbahn) in die Flucht schlagen und sogar töten können. Die Evolution hat dem Strauß die große Kralle auch als äußerst wirksame Waffe mitgegeben: Sie kann beim gezielten Treten nach vorne tiefe und große Rißwunden verursachen.

Linker Fuß unseres Hahnes Henry

Auch bei Revier- und Machtkämpfen unter Straußenhähnen werden die Beine mit den gewaltigen Klauen zum Vertreiben des Konkurrenten eingesetzt. Doch die Natur hat hier vorgesorgt: Strauße sind Flachbrustvögel und haben kein Brustfleisch. Somit schützt ihr Skelett die Organe vor Verletzungen. Natürlich ist der Strauß in Farmen diesen Gefahren nicht mehr ausgesetzt, auch nicht in afrikanischen Farmen. Zuchthähne werden mit ihren Hennen getrennt gehalten, so dass auch Konkurrenzkämpfe entfallen. Somit können Strauße alt werden und das tun sie im wahrsten Sinne des Wortes: Bis zu 60 Jahre kann ein Straußenleben dauern.

Strauße leben nicht monogam, ein Hahn hat in der Regel zwei bis drei Lebensgefährtinnen, die ihre Ranghöhe untereinander festlegen. Die „Haupthenne“ setzt sich den anderen Hennen gegenüber durch und legt ihre Eier in die Mitte des Nestes. Die Eier der „Nebenhennen“ liegen am Rand und säumen das Gelege sozusagen ein. Sollte ein tierischer Räuber ein Ei erbeuten, wird es eines der Nebenhennen sein. Die Brutaufgabe teilen sich Haupthenne (tags) und Hahn (nachts). Er ist es auch, der sich nach dem Schlüpfen in der Hauptsache um die Küken kümmert, die Hennen haben nur wenig „Kinderpflichten“.

Hennen legen ca. alle 2 bis 3 Tage ein Ei.  Mit einem Gewicht zwischen 1400 und 2000 gr, einem Durchmesser von ca. 15 cm  und einer Schalendicke bis zu 2,5 mm sind Straußenhennen die Rekordhalterinnen beim Produzieren der größten Eier. Nach 42 Tagen schlüpft das Küken. Straußenküken haben keinen Eizahn, dafür eine spezielle Nackenmuskulatur, die es ihnen ermöglicht, die starke Eierschale aufzustemmen. Ein Kraftakt zur natürlichen Auslese in der afrikanischen Steppe: Nur die Stärksten schaffen diesen Auftakt ins Leben. Auf Farmen wird das Schlüpfen der Küken überwacht und durch optimale Bedingungen wie das Einstellen der richtigen Raumtemperatur und der entsprechenden Luftfeuchtigkeit unterstützt.

Geschlüpftes Küken

Um 1860 entstanden in Südafrika die ersten Straußenfarmen, deren Zuchtschwerpunkt auf der Federnproduktion für die Modeindustrie lag. 1906 brachte Karl Hagenbeck die ersten Strauße nach Deutschland, und in den 1990er Jahren begannen in Deutschland erste Farmen mit der Straußenhaltung und -zucht. Obwohl der Strauß somit seit mehr als 100 Jahren weltweit in Farmen gezüchtet wird, hat er seine Instinkte behalten. Futteraufnahme, Revierbewusstsein sowie die Verteidigung des Eigeleges und der Küken sind sein Lebensinhalt. Seine natürliche Neugier und Furchtlosigkeit machen ihn zu einem außergewöhnlichen Tier, das im Umgang mit ihm unseren Respekt verdient. Zu erleben, wie Strauße auf Menschen zugehen und auf ihre Umgebung reagieren, ist aufregend und spannend. Da Strauße in freier Wildbahn nur mehr selten vorkommen, tragen Straußenfarmen auch zum Erhalt dieser Tierart bei und bieten bei artgerechter Haltung eine ausgezeichnete Möglichkeit, diese imposanten und bemerkenswerten Laufvögel zu sehen und zu erleben.